top of page

FREITAG, 8. DEZEMBER 2000

Beat Waldmeier

Der brasilianische Picasso

Heute findet die Vernissage in der Galerie Bouvrot in Koppigen statt


Heute Freitagabend findet in der Galerie Bouvrot in Koppigen die Vernissage mit der Künstlerin Mirjam Stähli (Hellsau) und den Künstlern Beat Staehli (Steffisburg) und Salatiel Soares (Zürich/Brasilien) statt. Alle überzeugen mit eigenständigen Arbeiten.

 

KOPPIGEN

Eines ist offensichtlich, wenn man die Galerie Bouvrot in Koppigen betritt: Der 25-jährige Brasilianer Salatiel Soares, der seit sechs Monaten in Zürich wohnt, beherrscht die Ausstellung allein mit seinen Farben. Seine Bilder sind mit Farben gemalt, welche in der Schweiz so nicht vorkommen und deshalb in der Kombination auch von hiesigen Künstlern nicht verwendet werden und vermutlich auch nicht verwendet werden können.

Des Künstlers Markenzeichen sind diese Farben, weniger das Thema, denn dort hat er zwei Stile, einen ruhigeren abstrakten und einen kräftigeren figürlichen. An der Ausstellung in Koppigen zeigt er nur Figuren, weil seiner Meinung nach sich die beiden Stile in der 'Ausstellung stören würden. Die Figuren erinnern dabei an Picasso, nur wirken sie mit den starken Farben ganz anders.

 

Die Mühe mit der Kälte

Wenn er malt, dann sitzt Soares tagelang und sehr vertieft vor der Staffelei und schliesslich entsteht ein Bild, von dem der Künstler sagt: «Ich frage mich manchmal selber, ob ich es war, der das gemalt hat». Koppigen ist seine erste offizielle Ausstellung, privat habe er schon mehrere Male ausgestellt.

Seit sieben Monaten ist er in der Schweiz. In dieses Land kam er über Bekannte, er, der das Malen vor elf Jahren ebenso als Autodidakt gelernt hat wie viele andere Berufe in den Bereichen Dekoration, Werbung, Fernsehen, Mode, die er schon ausgeübt hat, Nun malt er also und muss sich mit den schweizerischen Gegebenheiten abfinden. Vor allem mit der Kälte hat er noch seine liebe Mühe. Man kann nur hoffen, dass sich der ausdrucksstarke und farbige Künstler nicht an das Grau in Grau der nebligen Schweiz anpasst.

 

Aquarell als Herausforderung

Neben den kräftigen Bildern drohen die feinen Aquarelle der Hellsauerin Mirjam Stähli fast ein wenig unterzugehen. Aquarellen sagt man oft Beliebigkeit nach, doch die Künstlerin demonstriert, dass diese anspruchsvolle Technik nicht einengend sein muss und eigenständiges Wirken zulässt. Früher malte sie mit deckenden Farben, was sich bei einzelnen Bildern gut ablesen lässt, doch heute komme das Aquarell ihrer Persönlichkeit am nächsten. Sie selber beschreibt sich als explosiv und individuell und das Aquarellieren sieht sie, weil es nicht kontrollierbar sei, als Herausforderung. Der 37-jährigen vierfachen Mutter ist die Kunst vermutlich genetisch vererbt worden, denn sie habe immer gemalt, weil fast die ganze Familie etwas mit Kunst zu tun hatte. Motivierend sei auch der Ort Hellsau, einerseits geschichtlich mit der Künstlerkolonie um Amiet, andererseits durch die Lage mit Blick auf den Jura und durch seine Leute.

Nach zehn Jahren Babypause begann die gebürtige Bäriswilerin wieder mit Malen, um zu sich selber zu finden. Noch sucht sie ein wenig nach ihrem Stil, gerade die neusten, starken Bilder zeigen eine vielversprechende Richtung an.

 

Ausstrahlung des Objekts

Die Grenzen zwischen den feinen Stähli und den kräftigen Soares-Bildern verwischt mit Beat Staehli ein. «Keramiker». Die Anführungszeichen hier sind berechtigt, weil man gemeinhin unter einem Keramiker einen Chacheli-Hersteller vor Augen hat, und das ist nun der 48-jährige Steffisburger ganz gewiss nicht. Plastiker wäre die richtige Bezeichnung für einen Menschen, der durch seinen Vater und seine Lehre beim bekannten Künstlerehepaar Margrit und Walter Linck schon von klein auf mit und seit einigen Jahren von der Kunst lebt. «Kunst ist, laufend und nicht einmalig zu arbeiten und zu schaffen», sagt Stäehli. Wichtig sei die Ausstrahlung des Objekts, worin sich die Person des Künstlers widerspiegeln muss.

Eigene Galerie:

Wer von der Kunst leben will, muss sich auch Gedanken über Kunst und Kommerz machen. «Früher war ich kompromisslos und provokativ, heute weniger, denn Kunst soll hineinfühlbar sein und Kunst muss Spass machen», zeigt er sich überzeugt. Als Profi ist er viel unterwegs zu Ausstellungen, nun will er das aufwendige System ändern und baut im elterlichen Haus in Steffisburg eine eigene Galerie, Daneben gibt er, der nach, der Lehre die Kunstgewerbeschule absolviert hat, selber auch Kurse.

Er verbindet heute in der Plastik die Keramik mit anderen Dingen und in anderen Sphären. Das sei ein unendlich weites Gebiet, welches in anderen Ländern einen höheren Stellenwert habe. Wer seine Werke sieht, fragt sich tatsächlich, warum Keramik immer noch mit «Chacheli-Macher» gleichgesetzt wird.

bottom of page